Forschungsbasierte Praxismodule zu Brückenbereichen des Clusters Text und Sprache mit anderen Clustern in verschiedenen Phasen der Lehrerbildung

DR. UTE VON KAHLDEN

Dr. Ute von Kahlden
  • Gymnasiallehrerin für Spanisch, Mathematik, Französisch
  • Fachberaterin für Spanisch am Regierungspräsidium Karlsruhe
  • Teilzeitabordnung (50%) im Projekt PLACE vom 01.09.2016–31.08.2017

 

Im Hinblick auf das Projektthema habe ich in meiner Zeit an der HSE zwei Seminare mit Universitätsdozentinnen durchführen können. Diese Seminare waren für Studierende der Universität und der Pädagogischen Hochschule sowie für Lehrkräfte geöffnet. Thematisch stellten sie die Konkretisierung des Projektthemas hinsichtlich verschiedener Aspekte dar.

DURCHGEFÜHRTE PROJEKTE ZU FORSCHENDEM LERNEN / BILDUNGS- UND KULTURWISSENSCHAFT SOWIE FACHDIDAKTIK

1. MEHRSPRACHIGKEIT UND LERNPROZESSE IM (SACH-)FACHUNTERRICHT
 

Ein grundlegendes Konzept hinter allen Teilprojekten  war  der „sprachsensible Fachunterricht“, der meines Erachtens jeglichem Unterricht zugrunde liegen sollte. Gemeint ist damit nicht nur die Annäherung an und die Festigung der deutschen Sprache, sondern auch das Einschließen anderer Sprachen und deren Strukturen in die didaktischen und methodischen Entscheidungen (siehe u. a.: KRIFKA, Manfred (Hrsg.)(2014): Das mehrsprachige Klassenzimmer. Über die Muttersprachen unserer Schüler. Springer Verlag).

KORRESPONDIERENDES SEMINAR

(I)    WiSe 2016/17, Universität, Institut für Bildungswissenschaften, Prof. Sliwka, Schwerpunkt Gymnasium

  • Fachwissenschaft: Bildungswissenschaft – Lehr-/Lernarrangements
  • Fachdidaktik: Formulierung von Aufgaben und Erschließungsprozesse aufseiten der Lernenden
  • Den individuellen kulturellen Hintergrund der Lernenden kennenlernen und berücksichtigen
  • Praxisprojekt: Helmholtz-Gymnasium Heidelberg, Kl. 5–12 / verschiedene (auch bilingual auf Englisch unterrichtete) Fächer

Die Studierenden erstellten unter Anleitung und mit begleitender Evaluation selbst formulierte Aufgaben zu den thematischen Inhalten vorher ausgewählter Klassen und in Absprache mit den unterrichtenden KollegInnen. Durch Hospitation in einer Unterrichtsphase mit sehr hoher Lerneraktivität konnten die Studierenden die Klasse kennenlernen, um die Aufgaben auf die Lernenden abstimmen zu können. Später legten sie den Lernenden diese Aufgaben vor. Die Lernenden konnten unter verschiedenen Aufgaben und Hilfestellungen wählen. Sie sollten sowohl die Auswahl als auch die Denkprozesse während der Bearbeitung der Aufgaben laut vor sich hinsprechen. Diese Laut-Denk-Protokolle wurden von den Studierenden ausgewertet und im Rahmen des Seminars allen Teilnehmenden vorgestellt. Zentral waren die Erkenntnisse über die Strategien und Denkprozesse der Lernenden, aber auch der Umgang mit anderen Erstsprachen, kulturellen Erfahrungen der Lernenden, über einen Abgleich der Vorerwartungen der Studierenden und der Umsetzung. Durch die beiden bilingualen Lerngruppen (Biologie und Geschichte auf Englisch) wurden auch die Spracherfahrungen der Studierenden anders gefordert als von ihnen erwartet. Englisch dient im schulischen Kontext u. a. als Brückensprache für Jugendliche, die aus anderen kulturellen Kontexten nach Deutschland/Heidelberg kommen, eventuell auch bei Jugendlichen, die als Kinder von Lehrenden an der Universität bisher Unterricht auf Englisch hatten und jetzt nicht warten sollten, bis sie ausreichend Deutsch sprechen, um am Fachunterricht teilnehmen zu können. Ähnliches gilt für geflüchtete Kinder, deren Englischkenntnisse für eine Teilnahme am Unterricht ausreichen können.

Die Studierenden hatten den Mehrwert der Laut-Denk-Protokolle zunächst unterschätzt und angenommen, solche Erkenntnisse durch das bloße Unterrichten gewinnen zu können. Das forschende Lernen hat sie hier nach eigenen Aussagen einen großen Schritt weiter gebracht.
(Siehe Beitrag für den Blog der Heidelberg School of Education Fokus Lehrerbildung: Intellectual Engagement statt „Doing school“ – altersübergreifende adaptive Lernumgebungen (März 2017).

BERÜCKSICHTIGTE WISSENSCHAFTLICHE ANSÄTZE UND PRAKTISCHE UMSETZUNGEN

  • MELA Mehr-sprachliche Bildung Language-Awareness-Konzepte im Unterricht aller Fächer
    • Fachtagung am 21./22. Oktober 2016 an der PH Karlsruhe
  • Internationale Fachtagung „Leseförderung im Kontext der Mehrsprachigkeit“ und Internationale Lehrerfortbildung „Mehrsprachiges Lesetheater“ an der PH Weingarten am 19./20.05.2017
  • Hospitation im Unterricht an der JVA Adelsheim am 2. Juni 2017
    • Sprachsensibler Fachunterricht zur Vorbereitung auf die Abschlussprüfung der Hauptschule
  • Unterricht an der Mannheimer Straßenschule zur Vorbereitung auf Abschlussprüfungen (Fr. Schnebel)

2. FACHWISSENSCHAFTEN/PHILOLOGIEN UND IHRE BEZUGSWISSENSCHAFTEN/KULTURWISSENSCHAFT

Bezugswissenschaften können bei Philologien die Kulturwissenschaft, Soziologie, Theologie, Geschichtswissenschaft etc. sein, bei Naturwissenschaften können als Bezugswissenschaften auch Philologien, Soziologie etc. erforderlich sein.

ZUGRUNDE LIEGENDES SEMINAR

(II)    SoSe 2017, Universität, Romanisches Seminar, Fr. Dr. Pelillo-Hestermeyer/PH/Lehrkräfte:
„Transkulturelle Austauschprozesse durch Medien. Fachwissenschaftliche Inhalte und deren didaktische Transformationen“
•    Kulturen in Kontakt – Fachwissenschaft und didaktische Rekonstruktion/Transformation
•    Fachwissenschaft: Demokratie, Toleranz, Öffentlichkeit
•    Citizenship/Partizipation (kulturelle Identität), De-, Reterritorialisierung
•    Fachdidaktik: Rekonstruktion – Zugänge ermöglichen

An diesem Seminar nahmen Studierende der Universität und der Pädagogischen Hochschule sowie Lehrkräfte, u. a. aus Frankreich, teil.
In diesem Seminar sollte ein Modul für den Master of Education erprobt werden. Dafür wurden im Seminar selbst kulturwissenschaftliche Inhalte in festen Arbeitsgruppen in einem Theorieblock erarbeitet und anschließend an aktuellen audiovisuellen kulturellen Manifestationen erprobt. Herr Dr. Avventi von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg brachte als Medienpädagoge in einer gesonderten Sitzung einen weiteren Aspekt der Medienanalyse mit ein. Die Ergebnisse wurden am 27.09.17 mit Lehrkräften aus der Schule, Staatlichen Seminaren und Regierungspräsidien kritisch diskutiert, diese Ergebnisse einbezogen, danach beim Romanistentag in Zürich einem weiteren Publikum vorgestellt (eine Publikation dazu erscheint im Frühling 2019) und schließlich der Universität als Modul für den Master of Education vorgeschlagen.

Das Seminar wurde durch eine PLACE-Förderung unterstützt  – Details siehe Abschlussbericht.

PRAKTISCHE UMSETZUNGSBEISPIELE NACH DER ABORDNUNG

Auf der Basis dieses Seminars entwickelte ich ein Fortbildungsmodul für Spanischlehrkräfte, das ich im Rahmen einer regionalen Fortbildung als Fachberaterin am Regierungspräsidium Karlsruhe im Mai 2018 zum ersten Mal durchgeführt habe.  

Seit dem Schuljahr 2017/18 haben alle SchülerInnen der 5. Klassen am Helmholtz-Gymnasium im Rahmen ihrer verpflichtenden Kompetenz-Arbeitsgruppen ein Modul über Sprachen, das in erster Linie die zahlreichen Erstsprachen aufgreift und eine Grundlage für Sprachbewusstheit schaffen soll. Ich führe diesen Unterricht durch und erprobe darin Ansätze des Projektes.