Naturverbundenheit und Empathieempfinden angehender Biologielehrkräfte gegenüber Tieren und Pflanzen

PROJEKTVERANTWORTLICHE

  • Dr. Inga Desch (Heidelberg School of Education, PostDoc bis 09/2018)

PROJEKTPARTNER

  • Dr. Christian Vollmer
  • Peter Wüst-Ackermann

Herzlichen Dank an Prof. Dr. Christoph Randler von der Universität Tübingen für die Unterstützung bei der Datenerhebung.

PROJEKTSKIZZE

Bildung für Nachhaltige Entwicklung könnte eines der wichtigsten Themen im 21. Jahrhundert werden (Schultz, 2002; Mayer & Frantz, 2004). Empathie und Naturverbundenheit sind wichtig für die Entwicklung eines umweltfreundlichen Verhaltens (Tam, 2013; Mayer & Frantz, 2004). Aber kann das Empathieempfinden oder die Einstellung zu Tieren und Pflanzen einer erwachsenen Person durch unterrichtliche Maßnahmen verändert werden? Inwieweit Einstellungen beeinflussbar sind, ist in der psychologischen Forschung nicht abschließend beantwortet; es gibt sowohl empirische Hinweise auf eine Stabilität der Einstellungen als auch auf eine Veränderbarkeit. Die Wechselwirkungen zwischen Person und Umwelt insbesondere im Hinblick auf das gesamte Leben sind zu komplex, um diese Frage generell zu klären (Brandstätter, 1992).

In unserer Studie versuchen wir zu eruieren, ob sich die Einstellung angehender Biologielehrkräfte gegenüber Natur und Umwelt durch bestimmte Seminarinhalte verändert. Sinkt das Mitgefühl mit Tieren durch die Teilnahme an einem dreimonatigen Tierpräparationskurs? Steigt die Wertschätzung gegenüber Tieren durch Zoologiekurse?
Das Thema Tierschutz spielt im Biologieunterricht eine eher untergeordnete Rolle, wie Untersuchungen von Binngießer und Randler (2011) zeigen. Dies kann zum einen an den Lehrplänen liegen oder aber auch an den einzelnen Lehrpersonen. In unserer Studie versuchen wir daher Faktoren zu identifizieren, die voraussagen, wann eine Person dem Thema Tierschutz im Biologieunterricht eine hohe Bedeutung beimisst. Ist es ein stabiles Persönlichkeitsmerkmal, das zu einer hohen Absichtserklärung führt, Tierschutz im Unterricht zu behandeln oder verändert sich die Absicht durch die besuchten Seminare?
Kann die Lehramtsausbildung dazu beitragen, dass angehende Biologielehrkräfte eine positive Einstellung zu Tieren und Pflanzen entwickeln und Themen des Tier- und Naturschutzes in ihrem Unterricht behandeln werden oder sind diese Einstellungen weitestgehend unveränderbar und korrelieren mit dem Geschlecht, den Essgewohnheiten, den Interessen? Gibt es Unterschiede in der Naturverbundenheit zwischen Studierenden einer Naturwissenschaft und anderer Disziplinen?

Zur Beantwortung dieser Fragen finden teilweise Einmalbefragungen statt, um Studierende des Faches Biologie mit Nichtbiologen, Lehrämter mit Fachwissenschaftler/innen, angehende Grundschullehrkräfte mit angehenden Realschullehrkräften, Frauen mit Männern, Vegetarier/innen mit Nicht-Vegetarier/innen u. ä. in Bezug auf ihre Einstellungen zu vergleichen. Zudem werden angehende Biologielehrkräfte vor und nach dem Besuch bestimmter Veranstaltungen befragt, um eine mögliche Auswirkung der Seminarinhalte auf die Einstellung zu testen. Verwendet wird ein Fragebogen, der neben den üblichen soziodemografischen Angaben folgende Messinstrumente enthält: Inclusion with Nature (INS, Schultz, 2002), Connectedness to nature scale (CNS, Mayer & Frantz, 2004), Dispositional empathy with nature (DEN, Tam, 2013), attitude to conservation and zoo-related issues (Moss,  Littlehales, Moon, Smith,  & Sainsbury, 2017) und die Composite Respect for Animals Scale CRAS-S (Randler, Binngießer & Vollmer, 2017).

ZWISCHENSTAND

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass es geschlechterbedingte Unterschiede in Bezug auf die Einstellung gegenüber Tieren gibt, wobei Frauen meistens eine positivere Einstellung zeigen (Kellert & Berry 1987; Herzog et al. 1991). Geschlechterunterschiede wurden bisher vorwiegend aufgrund des biologischen Geschlechts vorgenommen, in unserem Fragebogen haben wir die Studierenden zusätzlich nach ihrem selbst eingeschätzten sozialen Geschlecht gefragt. Auf einer siebenstufigen Likertskala sollten sie sich von weiblich bis männlich einordnen. Eine Zwischenauswertung unserer Daten (n = 222) untersuchte die Unterschiede in dem Empathieempfinden gegenüber Tieren mit dem CRAS-S Testinstrument bezüglich des biologischen und sozialen Geschlechts.
Dieses Teilergebnis wurde im Juli 2018 auf der ERIDOB (European Researchers in Didactics of Biology) in Saragossa vorgestellt:
Desch, I., Vollmer, C. & Wüst‐Ackermann, P. (2018). Gender Differences in attitudes towards animals and nature. DAAD-geförderter Postervortrag zur 12th Conference of European Researchers in Didactics of Biology (ERIDOB) in Saragossa, Spanien.

LITERATUR

  • Binngießer, J. & Randler, C. (2011). Tierschutz – (k)ein Thema für den Biologieunterricht?. Berichte des Institutes für Didaktik der Biologie 18 , S. 23 - 42.
  • Brandstätter, H. (1992). Veränderbarkeit von Persönlichkeitsmerkmalen. Beiträge der Differentiellen Psychologie. In: Personalentwicklung in Organisationen. Psychologische Grundlagen, Methoden und Strategien. Herausgegeben von K. Sonntag. Göttingen, Hogrefe Verlag.
  • Herzog Jr, H.A.,  Betchart, N.S. & Pittman, R.B. (1991). Gender, Sex Role Orientation, and Attitudes toward Animals. Anthrozoös  Vol. 4 , Iss. 3.
  • Kellert, S.R. & Berry, J.K. (1987). Attitudes, Knowledge, and Behaviors toward Wildlife as Affected by Gender. Wildlife Society Bulletin, 15(3), pp. 363-37.
  • Mayer, F. S. & Frantz, C. M. (2004). The connectedness to nature scale: A measure of individuals’ feeling in community with nature. Journal of Environmental Psychology 24,  503–515.
  • Moss, A., Littlehales, C.,  Moon, A.  Smith, C. & Sainsbury, C. (2017). Measuring the impact of an in-school zoo education programme. Journal of Zoo and Aquarium Research 5(1), 33-37.
  • Randler, C., Binngießer, J. & Vollmer, C. (2017). The Composite Respect for Animals Scale – full and brief version. Society and Animals.
  • Schultz, P. W. 2002. Inclusion with nature: The psychology of human-nature relations. In: Psychology of sustainable development, edited by P. Schmuck, and W. P. Schultz, 61–78. Boston: Kluwer Academic Publishers.
  • Tam, K.-P. (2013). Dispositional empathy with nature. Journal of Environmental Psychology Volume 35, Pages 92-104.