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DEEPER LEARNING AM KURFÜRST-FRIEDRICH-GYMNASIUM HEIDELBERG
PROJEKTÜBERSICHT
THEMA
ERKLÄRVIDEOS ZUR LITERATUREPOCHE DES STURM UND DRANG
Zu den zentralen Inhalten des Bildungsplanes Klasse 9/10 gehört das Erläutern von exemplarischen Epochen der Literaturgeschichte in ihren Grundzügen. Weiterführend sollen die Lernenden ein Textverständnis erlangen und somit Inhalte von Texten exzerpieren, textbezogen erläutern und diese zusammenfassen können. In Verbindung mit dem Medium „Film“ sollten die Schüler:innen ihren eigenen Beitrag adressaten- und situationsbezogen gestalten, um dadurch die Deeper-Learning-Kompetenz Kreativität zu fördern. Als Epoche wurde Sturm und Drang ausgewählt, um eine besonders vielfältige Themenauswahl im Sinne von Voice & Choice entwickeln zu können. Des Weiteren diente die Einheit als Grundlage für das nächste Unterrichtsthema, Schillers „Kabale und Liebe“ als exemplarisches Werk der Epoche.
SCHULE UND PROJEKTKLASSE
- Kurfürst-Friedrich-Gymnasium Heidelberg
- Hochbegabtenzug der 10. Klasse
- 18 Schüler:innen
ZEITRAHMEN UND ABLAUF
- 10 Unterrichtseinheiten, davon 4 Differenzierungsstunden
- 8 x 45min
- im Zeitraum vom 09.01. bis 20.01.2020
ABLAUF
Instruktion und Aneignung | Ko-Konstruktion und Ko-Kreation |
Authentische Leistung |
---|---|---|
2 Einzelstunden | 1 Doppelstunde, 2 Einzelstunden | 1 Doppelstunde |
09./10.01.2020 | 13.01.2020 16.01.2020 17.01.2020 |
20.01.2020 |
Einführung in die Literaturepoche, Interpretation eines Gedichtes | Gründliche Auseinandersetzung mit den Materialien zu den Themen, Erstellen des Erklärvideos, Schreiben eines Abstracts | Präsentation der Videos, Feedback (zu den Videos und der Einheit) sowie Besprechung der Abstracts |
PLANUNGSPHASE
STUDIERENDENGRUPPE
Für das Projekt fanden sich drei Studentinnen im Seminar zusammen, die Germanistik im ersten Semester des Master of Education studierten.
HOSPITATION IN DEN PROJEKTKLASSEN
Zu Beginn hospitierten die Studierenden zweimal in der Klasse, um die Deutschlehrerin und die Lernenden kennenzulernen sowie sich mit den Rahmenbedingungen vertraut zu machen. Besonders interessant war das Kennenlernen der Arbeitsatmosphäre eines Hochbegabtenzugs, da dies erheblichen Einfluss auf die Vorbereitung zeigt.
ARBEITSPROZESS IN EINER PROFESSIONELLEN LERNGEMEINSCHAFT
Nach mehreren Zyklen des Brainstormings während der Vorbereitungsphase stand fest, dass in der Ko-Kontruktion und Ko-Kreation besonders Kreativität als Deeper-Learning-Kompetenz gefördert werden sollte.
Die Studierendengruppe sah es daher als sinnvoll an, dass die Schüler:innen in Gruppenarbeit mögliche Themengebiete für ein Erklärvideo selbstständig erarbeiten. So konnten sie ein tieferes inhaltliches Verständnis, wie auch das Prinzip von Voice & Choice gewährleisten. Entsprechend den von den Schüler:innen entwickelten Themen bereitete jede Studentin jeweils zwei Themengebiete und die dazugehörigen Materialien als „Expertin“ vor.
UNTERRICHTSPRAXIS IN DREI PHASEN
Das Konzept des „Deeper Learning“ sieht drei Phasen vor, welche sich in Instruktion/Aneignung, Ko-Konstruktion/Ko-Kreation und Reflexion, bzw. Präsentation einer authentischen Leistung gliedern. Die Schüler:innen hatten sich bereits anhand des Gedichtes „Willkommen und Abschied“ von Johann Wolfgang von Goethe auf das Thema einstimmen können. Bewusst arbeiteten die Studierenden in dieser Phase mit einer Differenzierungsstunde, um jeweils nur die Hälfte der Klasse gezielt in die Epoche des Sturm und Drang einführen zu können.
I. INSTRUKTION UND ANEIGNUNG
Einführung in die Literaturepoche des Sturm und Drang
UNTERRICHTSZIEL
Die Schüler:innen sollen die wichtigsten Epochenmerkmale des Sturm und Drang kennenlernen und mittels ihrer neu erworbenen Kenntnisse ein exemplarisches Gedicht analysieren.
UNTERRICHTSABLAUF
EINFÜHRUNG IN DAS THEMA
Um die Lernenden auf die neu beginnende Unterrichtseinheit einzustimmen, wurde ein Erklärvideo zum Sturm und Drang ausgewählt, welches im Unterricht angeschaut wurde. Das Ziel war die Erstellung einer Mindmap im Plenum, um einen allgemeinen Überblick über die Epoche zu veranschaulichen. Dabei wurde ein digitales Mindmap-Programm (SimpleMindLite) verwendet, sodass die Mindmap parallel zum Unterrichtsgespräch erstellt werden konnte. Zur gemeinsamen Ergebnissicherung wurden die beiden Mindmaps zusammengeführt. Die Studentinnen teilten diese ausgedruckt in der nächsten Unterrichtsstunde aus.
Als Hausaufgabe sollten die Schüler:innen fünf Sätze formulieren, weshalb das Gedicht „Willkommen und Abschied“ sinnbildlich für den Sturm und Drang stehe.
ERLÄUTERUNG ZUR AUFGABENANFORDERUNG
Um das weitere Vorgehen und die Leistungsanforderungen an die Jugendlichen möglichst transparent zu gestalten, legten die Studierenden in einer Einzelstunde das weitere Vorgehen offen dar. Zunächst besprachen sie mit den Schüler:innen die Hausaufgabe und wiederholten dabei einige der wichtigsten Merkmale des Sturm und Drang. Ein im Anschluss gezeigtes Erklärvideo veranschaulichte das genaue Vorgehen beim Erstellen eines eigenen Legevideos. Den Schülerinnen und Schülern wurde freigestellt, welche Darstellungsform sie für ihr eigenes Video wählen möchten (z. B. Bloggerstyle, Legetechnik, PowerPoint…). Es ergaben sich Gruppen zu folgenden Themen:
- Der historische Kontext
- Friedenspathos
- Natur
- Das schöpferische Genie
- Drama vs. Bürgerliches Trauerspiel
- Liebe-Sehnsucht-Einsamkeit: Gefühle
II. KO-KONSTRUKTION UND KO-KREATION (1 DOPPELSTUNDE, 2 EINZELSTUNDEN)
Nach der gründlichen Auseinandersetzung mit den zur Verfügung gestellten Materialien erstellten die Schüler:innen in dieser Unterrichtsphase in ihren Kleingruppen ein Erklärvideo zum gewähltenThema. Zur Ergebnissicherung verfassten sie einen kurzen Abstract, der die wichtigsten Aspekte ihres Themengebietes klar ausformuliert.
UNTERTHEMEN
UNTERRICHTSABLAUF
1. Doppelstunde | 13.01.2020 | Gemeinsamer Impuls, Gruppenarbeit, Input zu Abstracts |
1. Einzelstunde | 16.01.2020 | AB zu Erklärvideo und Bewertungsbogen |
2. Einzelstunde | 17.01.2020 | Videodreh |
1. DOPPELSTUNDE: EINARBEITUNG
Bereits über das Wochenende setzten sich die Schüler:innen (freiwillig und überraschend gründlich) mit den Materialien auseinander und bearbeiteten einige der Aufgabestellungen. Das Ziel war hier die für sie wichtigsten Aspekte, Argumente und vor allem auch literarischen Umsetzungen in den Werken zu exzerpieren, um daraus ein kreatives Video zu gestalten. Als Einstieg zuvor wurden noch drei berühmte Vertreter des Sturm und Drang (Schiller, Herder und Goethe) von den Studierenden präsentiert, da diese vermehrt in den Unterlagen der Gruppen auftauchten. Als Reminder zum Verfassen eines Abstracts gaben die Studentinnen den Lernenden einen kurzen, exemplarischen Input. Anschließend beschäftigten sich die Schüler:innen selbstständig in den Gruppen mit dem Arbeitsauftrag.
1. EINZELSTUNDE: DREHBUCH SCHREIBEN
Um möglichst wenige Anleitungen in der Konstruktionsphase zu geben, nutzen die Studentinnen die Differenzierungsstunde zur Planung des Drehbuches mithilfe des Storyboards. So konnten sie bestmöglich Scaffolding betreiben und differenziert unterstützen. Noch vor dem Videodreh verteilten sie einen Bewertungsbogen, der die Gütekriterien für das schülerzentrierte Peer Feedback festlegt, und besprachen diesen mit den Schüler:innen.
2. EINZELSTUNDE: VIDEODREH
Für den Videodreh standen den Schüler:innen die Tablets der Schule, ein Stativ sowie ein Mikrofon zur Verfügung. Außerdem wurden getrennte Räume organisiert, um ungestört die Dreharbeiten durchführen zu können. Über das Wochenende hatten die Lernenden noch zusätzlich Zeit ihre Videos zu perfektionieren und das Abstract fertigzustellen. Zwei Gruppen entschieden sich für die Legetechnik, die anderen Gruppen drehten ihre Videos mit einer PPP und im Bloggerstyle.
III. AUTHENTISCHE LEISTUNG (1 DOPPELSTUNDE)
Abschließend präsentierten alle Gruppen ihre Videos in einer Doppelstunde der Klasse, um die Ergebnisse gemeinsam mithilfe des Bewertungsbogen einzuordnen und die unterschiedlichen Methoden zu reflektieren. Besonders wichtig war in dieser Phase, dass nicht das von der Lehrkraft gegebene Feedback im Mittelpunkt der Reflexion stand, sondern dass die Schüler:innen durch den Bewertungsbogen selbst dazu angeleitet wurden, ihren Peers fundiertes und sachliches Feedback zu kommunizieren.
UNTERRICHTSZIEL
Die Schüler:innen sollen nicht nur zur Qualität der Videos, sondern auch zum Inhalt fundiertes Feedback kommunizieren können.
ART DER PRÄSENTATION
Jedes Video wurde einzeln präsentiert, um danach im Plenum den Inhalt, den Aufbau, die Produktion und eventuelle Verbesserungsvorschläge zu kommunizieren. Dabei gefielen den Jugendlichen besonders die unterschiedlichen kreativen Ideen sowie Umsetzungsmöglichkeiten. Bemerkenswert war, wie intensiv sie sich mit den Materialien auseinandergesetzt, wie viel Mühe sie sich mit den Videos gegeben hatten und wie respektvoll sie ihr gegenseitiges Feedback kommunizierten. Am Ende blieb auch noch Zeit, um zwei der Abstracts gemeinsam zu lesen und darauf einzugehen, ob die zuvor festgelegten Kriterien eingehalten wurden.
ART DER REFLEXION
Zur Reflexion der gesamten Einheit hatten die Studierenden einen Feedbackbogen vorbereitet, den die Schüler:innen anonym und persönlich ausfüllen sollten. Auch ein offenes Feedback im Plenum kam zum Einsatz. Erstaunlicherweise hätten sich die Jugendlichen mehr Zeit für die Erstellung der Videos gewünscht um sie weiter zu perfektionieren. Positiv bewerteten sie die Abwechslung zum regulären Unterricht, die Kreativität der Aufgabenstellung, die Freiheit in der Erarbeitung, die Gruppenarbeit und die nette und fachlich gute Betreuung durch die Studentinnen.
VERANKERUNG IM BILDUNGSPLAN
Der Sturm und Drang ist im Bereich „Literarische Texte“ als „exemplarische Epoche der Literaturgeschichte“ im Bildungsplan verankert (3.3.1.1). Dabei sollen die Schüler:innen die Grundzüge der Epoche erläutern, für das Verständnis einzelner Texte nutzen können und aus der Beschäftigung mit literarischen Texten Epochenmerkmale gewinnen. Weiterhin gewinnen sie im Bereich Medien (3.3.1.3) Einsicht in die Produktion eines Erklärvideos und gestalten selbst kreativ einen eigenen Beitrag.
PROZESSBEZOGENE KOMPETENZEN
Für den Deutschunterricht werden drei Bereiche prozessbezogener Kompetenzen unterschieden, wobei unser Projekt in jedem Bereich unterschiedliche Anforderungen anspricht:
1. SPRECHEN
Die Schüler:innen üben das funktionale und situationsangemessene Sprechen, indem sie inhaltlich präzise, sprachlich prägnant und klar strukturiert ihre Erklärvideos formulieren. Ihre Sprechweise (Artikulation, Körpersprache) und ihre rhetorischen Fähigkeiten wenden sie dabei situationsgerecht an und reflektieren deren Wirkung (bei der Präsentation der Videos.) Außerdem bereiten sie einen monologischen Sprechpart in den Videos ein.
2. SCHREIBEN
Bei der kreativen und produktiven Gestaltung des Videos sollen sprachliche Mittel gezielt eingesetzt und der Inhalt anschaulich erzählt bzw. nacherzählt werden. Außerdem erlernen die Schüler:innen mit der Erstellung des Abstracts die Fähigkeit, den Inhalt auch längerer und komplexerer Texte zusammenzufassen und ihr eigenes Wissen über literarische Sachverhalte geordnet und differenziert darzustellen.
3. LESEN
Aus der Beschäftigung mit den umfangreichen, komplexen Texten unterschiedlicher Formen erschließen die Schüler:innen selbstständig und systematisch die wichtigsten Aspekte ihres Themas. Sie beziehen dabei Kenntnisse literaturwissenschaftlicher, philosophischer und geschichtswissenschaftlicher Texte in die Kontextualisierung literarischer Werke mit ein und reflektieren die Zuordnung von Texten zu der Literaturepoche.
LEITKOMPETENZEN
Die Leitgedanken zum Kompetenzerwerb und die darin verankerten Leitkompetenzen lassen sich ebenfalls in dem Projekt wiederfinden. In der Auseinandersetzung mit Literatur und Sachtexten wird Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in der Diskussion mit gesellschaftlich relevanten Fragen realisiert. Dabei lernen die Schüler:innen andere Lebensentwürfe in der Begegnung mit unbekannten und fiktionalen Welten kennen; somit leistet das Projekt einen Beitrag zur Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt. Die Beschäftigung mit fiktionaler Literatur (z. B. Kabale und Liebe, Die Leiden des jungen Werther, Willkommen und Abschied) als zentralem Handlungsfeld des Deutschunterrichts gibt Schüler:innen die Möglichkeit, fremde Perspektiven einzunehmen und das Denken und Fühlen literarischer Figuren nachvollziehen, was Selbstwahrnehmung und Empathiefähigkeit fördert (Prävention und Gesundheitsförderung). Die Vertiefung der schriftlichen und mündlichen Ausdrucksfähigkeit sowie des Leseverstehens bilden wichtige Schlüsselqualifikationen, die in einer Wissens- und Informationsgesellschaft und für die Berufliche Orientierung der Schüler:innen unverzichtbar sind. Der Einsatz von Medien im Unterricht, deren medienspezifische Inhalte, Vermittlungsleistungen und ästhetische Qualitäten, leisten außerdem einen wichtigen Beitrag zur Medienbildung.