PROJEKTVERANTWORTLICHE
- Dr. Veronika Schmid (Heidelberg School of Education, PostDoc bis 12/2018)
PROJEKTSKIZZE
Inklusion wird zunehmend als Querschnittsaufgabe professionellen pädagogischen Handelns verstanden, auf deren Bewältigung Lehramtsstudierende bereits während ihres Studiums vorbereitet werden sollen. Legt man ein weites Verständnis des Inklusionsbegriffs zugrunde, geht es bei Inklusion nicht nur um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung, sondern generell darum, ein möglichst diskriminierungsfreies und differenzsensibles Lernumfeld zu schaffen (z. B. Emmerich/Hormel 2013). Für die Lehrer*innenbildung bedeutet das z. B. konkret, bereits bei Studierenden ein Bewusstsein für Benachteiligungsstrukturen wie Armut, bildungsfernes Herkunftsmilieu oder diskriminierende Gruppenzuordnungen (etwa „Ethnizität“, „Geschlecht“, „sexuelle Orientierung“, „Religion“) zu entwickeln sowie sie in die Lage zu versetzen, die eigene Rolle als zukünftige Lehrer*in zu reflektieren. Damit rückt eine (selbst-)kritische Reflexion der eigenen sozialen (De-)Privilegierung und der eigenen Involviertheit in gesellschaftliche Machtverhältnisse in den Mittelpunkt einer diversitätssensiblen Lehrer*innenaus- und fortbildung (Steinbach 2016). Budde und Hummrich (2013) sprechen in diesem Zusammenhang auch von „reflexiver Inklusion“. Relativ unklar ist bislang jedoch, (1) wie eine solche reflexive Inklusionskompetenz erfasst werden kann und (2) wie es gelingen kann, diese Kompetenz zukünftigen Lehrer*innen zu vermitteln.
Hier soll das Projekt ansetzen. Es verfolgt zwei Zielsetzungen, welche die Professionsorientierung der Lehrer*innenbildung stärken sollen:
- Erfassung reflexiver Inklusionskompetenz: Entwicklung eines Kategoriensystems zur Erfassung unterschiedlicher inklusionsbezogener Argumentationen, das genutzt werden kann, um z.B. interindividuelle Unterschiede im Inklusionsbewusstsein von Lehramtsstudierenden genauer zu analysieren
- Förderung reflexiver Inklusionskompetenz: (Weiter-)Entwicklung und Evaluation innovativer (hochschul-)didaktischer Lehr-Lernkonzepte, die den Umgang mit Diversität als einer habitualisierten, professionsspezifischen Kompetenz von Lehrerinnen und Lehrern fördern
Um die Entwicklung von Verfahren zur Erfassung reflexiver Inklusionskompetenz vorzubereiten, wird zunächst eine qualitative Vignettenstudie durchgeführt. Den Befragten (Lehramtsstudierende) werden Dilemma-Vignetten vorgelegt, denen im Umgang mit Diversität typische Ziel- oder Wertkonflikte im Praxisfeld Schule zugrunde liegen (z. B. Notengebung: Selektion versus Förderung, universalistische versus partikularistische Orientierung). Die Stellungnahmen der Befragten werden anschließend inhaltsanalytisch und ausgewertet. Die Interpretation der verbalen Daten wird mithilfe von bereits eingeführten Skalen (z. B. Autoritarismus, Sozialer Dominanzorientierung, Vorurteile etc.) validiert. Das mit der „Dilemma-Methode“ qualitativ erhobene Material dient anschließend als Ausgangspunkt zur Entwicklung eines (quantitativen) Instruments, mit dem das Inklusionsbewusstsein von Lehramtsstudierenden erfasst werden kann. Ein solches Instrument kann später z. B. gezielt eingesetzt werden, um die Wirkung hochschuldidaktischer Formate zu evaluieren. Hierzu sollen in Seminaren unterschiedliche Praxis- und Reflexionsübungen (z. B. aus dem Bereich der Anti-Bias-Forschung) eingesetzt und in Rahmen von quasi-experimentellen Designs geprüft werden.