Summer School 2018: Bericht zum Workshop des heiEDUCATION Clusters Bildungswissenschaften

VERANSTALTUNG MIT DR. JOHANNA PÖYSÄ-TARHONEN

Kollaboratives und kooperatives Lernen mit digitalen Medien und dafür geeignete Lernumgebungen werden derzeit umfassend in der Lehrerbildung diskutiert. Der Schwerpunkt des Workshops von Dr. Johanna Pöysä-Tarhonen, University of Jyväskylä (Finnland), lag in diesem Zusammenhang auf der Frage, wie kooperative Lernformen und digitale Medien in sinnvoller Weise verbunden werden können.

Im Zuge der voranschreitenden Digitalisierung gewinnen kooperative Arbeitsformen in der Arbeitswelt zunehmend an Bedeutung. Es muss demnach heute verstärkt die Aufgabe von Schule sein, die Schüler/innen auf die digitale Wissensgesellschaft vorzubereiten und ihnen die dafür notwendigen Kompetenzen zu vermitteln. Dazu zählen einerseits kreatives und kritisches Denken, Kommunikationsstärke sowie Selbststeuerungs- und Problemlösungskompetenzen. Andererseits müssen die Schüler/innen auch lernen, mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) – soziale Medien, Wikis, Blogs etc. – nicht nur selbstbestimmt umzugehen, sondern diese bzw. deren Nutzung auch kritisch beurteilen zu können (z. B. Einschätzung der Informations- und Quellengüte; „ICT-Literacy“). UNESCO und OECD betrachten solche Kompetenzen als die zentralen Kompetenzen des 21. Jahrhunderts, weil der Erwerb dieser Kompetenzen für beruflichen Erfolg und gesellschaftliche Teilhabe zukünftig unabdingbar sei.

Für die Lehrerbildung erwachsen daraus neue Herausforderungen. Denn obwohl digitale Medien im schulischen Alltag mittlerweile omnipräsent sind (WhatsApp Gruppen, Facebook usw.), gilt es, auf Seiten der Lehrenden die Bereitschaft zu fördern, mit digitalen Medien auch im Unterricht zu arbeiten. Der Einsatz von ICT kann dabei den oftmals lehrerzentrierten („analogen“) Unterricht ändern und neue, differenzierte und sozial kollaborativ angelegte Gestaltungsmöglichkeiten von Lehr- und Lernprozessen eröffnen. Durch den Einsatz digitaler Medien kann Unterricht etwa interaktiver und partizipativer gestaltet werden (z. B. durch interaktive Abstimmungen via Smartphone, den Einsatz von Whiteboards oder Tablets, den Austausch über Foren und Chats usw.). Interaktionen zwischen Lehrenden und Lernenden, aber auch Interaktionen der Lernenden untereinander (kollaboratives Lernen) können durch digitale Medien so unterstützt werden. Beispielsweise können digitale Medien gezielt im Kontext forschenden Lernens oder im Rahmen eines kooperativen, aktiv-entdeckenden Unterrichts eingesetzt werden, bei dem die Schüler/innen in Teams gemeinsam an Problemen oder Aufgaben arbeiten. Der gezielte Einsatz von ICT in solchen speziell gestalteten (technologiegestützten) Lernumgebungen versetzt die Schüler/innen im Idealfall in die Lage, kooperativ zusammenzuarbeiten, gemeinsam Problemlösungsstrategien zu entwickeln und selbstgesteuert zu lernen.

Die Potenziale des Einsatzes digitaler Medien in Schule und Hochschule sind jedoch noch nicht voll erschlossen. So mangelt es z. B. noch an Studien zu computer- bzw. technikgestützten Lernumgebungen, die die Wirksamkeit verschiedener didaktisch-methodischer Maßnahmen und Interventionen systematisch und im Längsschnitt untersuchen. Wie kann etwa die Fähigkeit zum kooperativen Problemlösen gemessen und gefördert werden? Wie muss eine Lernumgebung gestaltet sein, um kollaboratives und kooperatives Lernen in digitalen Settings zu ermöglichen bzw. zu fördern (Einsatz von digitalen Medien, Konzeption des Unterrichts, der Problem-/ Aufgabenstellung sowie der Anleitungen usw.)? Beispielhaft wurde dazu im Workshop ein interdisziplinär angelegtes Verbundprojekt aus dem Bereich der finnischen Lehrerbildung vorgestellt („PREP 21 – Preparing teacher students for the 21st century learning practices“). Der Einsatz digitaler Medien bietet zudem auch neue Möglichkeiten des Assessments und der Wissens- bzw. Leistungsüberprüfung (Stichwort: learning analytics). Hierzu wurden verschiedene Positionen und aktuelle und innovative Beispiele aus dem Forschungszusammenhang des FIER (Finnish Institute for Educational Research) diskutiert.