Kompakttage 2018: Bericht zum Workshop in der Antikensammlung

ARCHÄOLOGIE ZUM ANFASSEN: POTENZIALE AUSSERSCHULISCHER LERNORTE

Sammeln – Bewahren – Erforschen – Vermitteln: So benennt Dr. Dina Faltings, Kuratorin der Sammlung des Ägyptologischen Instituts, die vier zentralen Aufgaben des Heidelberg Centre for Cultural Heritage (HCCH). Eingebettet in die Kompakttage zum Master of Education konzentriert sich der Workshop, den Faltings gemeinsam mit Dr. Polly Lohmann (Kuratorin Antikenmuseum/Abgusssammlung), Claudia Mayer (wissenschaftliche Hilfskraft Uruk-Warka-Sammlung) und Dr. Susanne Börner (Kuratorin Numismatische Sammlung) hält, vorrangig auf den Aspekt der Vermittlung: Inwieweit bieten archäologische Sammlungen Schnittstellen zum Unterricht? Welche Themen eignen sich für welche Altersgruppen? Welche Potenziale eröffnen Sammlungen als außerschulische Lernorte?

IMPRESSIONEN

ÄGYPTOLOGISCHE SAMMLUNG

Vor der beeindruckenden Kulisse antiker Exponate weist zunächst Dr. Dina Faltings auf die Bedeutung haptischen Erlebens für den Lernprozess hin, dem daher insbesondere in der Reformpädagogik eine zentrale Rolle zukommt. Bereits bei jüngeren Schülerinnen und Schülern weckt „Archäologie zum Anfassen“ das Interesse für historische Themen und hilft, abstrakte Inhalte lebensnah und nachhaltig zu vermitteln. In ihren Kinderführungen und -workshops lädt die Ägyptologin ausdrücklich dazu ein, Statuen aus Hartgestein anzufassen, mit ursprünglichem Werkzeug Korn zu reiben, Puppen zu mumifizieren oder in bereitgestellten Boxen unterschiedliche Materialien wie Knochen, Stein, Flachs oder Leder zu ertasten, die schon im alten Ägypten Verwendung fanden. Größter Beliebtheit auch bei Jugendlichen erfreut sich laut Faltings auch das Senet-Spiel, eine altägyptische Form von Mensch-ärgere-dich-nicht. Für Schulklassen können Führungen zu speziellen Themenschwerpunkten wie beispielsweise dem Schriftsystem neue Horizonte eröffnen. „Wie die Erfahrung aus der Kinderuni zeigt, interessiert sich die Zielgruppe der 9-12-Jährigen brennend für Hieroglyphen oder Themen wie Tod und Totenkult, die sich sehr anschaulich illustrieren lassen und daher auch gut im Gedächtnis bleiben“, so Faltings.

URUK-WARKA-SAMMLUNG

Besondere Einblicke in die Anfänge städtischen Lebens und den Beginn der Schriftlichkeit gibt die Uruk-Warka-Sammlung, kuratiert von Dr. Kristina Sieckmeyer. Die Dauerleihgabe des Deutschen Archäologischen Instituts enthält mehr als 7.000 Fundstücke aus der einstigen Metropole Uruk (heute Warka/Südirak), die als Keimzelle der altorientalischen Hochkultur gilt. Doch wie kann man Schüler/innen für die mehr als sechs Jahrtausende währende Siedlungsgeschichte Uruks begeistern? „Wichtig ist die Auswahl von Themen, die die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen berühren“, rät Mitarbeiterin Claudia Mayer. „Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es, wenn man mit der heutigen Zeit vergleicht?“ Besonders die verschiedenen Schriftsysteme sind hierbei interessant, aber auch Themenbereiche wie Essen und Trinken, Zahlen und Maße oder Spiel und Spaß ergeben interessante Anknüpfungspunkte für den Unterricht.

NUMISMATISCHE SAMMLUNG

„Allein schon aufgrund der Kleinheit unserer Objekte können wir nicht mit Mumien konkurrieren“, ist sich Dr. Susanne Börner bewusst. Dennoch gelingt es der Leiterin der Numismatischen Sammlung mühelos, die Teilnehmenden mit den über 5000 numismatischen Exponaten, zu denen neben Münzen aus dem alten Rom, Ägypten und Griechenland auch Abgüsse und sogenannte Galvanos zählen, zu fesseln. „Münzen sind ein Medium der gesellschaftlichen Situation – an ihnen lassen sich politische Veränderungen ebenso ablesen wie kulturelle oder wirtschaftliche Aspekte, die die jeweilige Zeit prägten“, erklärt Börner. Ob politische Propaganda, aktuelle Haarmode oder Neuigkeiten vom Nachwuchs der Dynastien: als verbreiteter Alltagsgegenstand transportierten Münzen die jeweilige Nachricht zuverlässig in alle Teile der Bevölkerung. Für den Unterricht bieten Münzen daher eine etwas andere Möglichkeit, anhand historischer Quellen gesellschaftliche Themen und politische Aussagen zu entschlüsseln und zu analysieren.

ABGUSS- UND ANTIKENSAMMLUNG

Ein breites Spektrum an Exponaten aus den antiken Kulturen des Mittelmeerraums präsentiert die Ausstellung des 1848 als Lehrsammlung gegründeten Antikenmuseums. „Eine riesige Motivvielfalt bei wenig Objektvielfalt“ konstatiert Kuratorin Dr. Polly Lohmann mit Blick auf die mit zahlreichen Vasen gefüllten Vitrinen. Für Lehrkräfte können die bemalten Tonobjekte ein hilfreiches Medium sein, da sie mit ihren Motiven direkt an die Curricula insbesondere der Sekundarstufe anknüpfen. Den Fächern Latein, Griechisch, Kunst und Geschichte liefern sie wertvolles Anschauungsmaterial für diverse Unterrichtsinhalte. „Hochaktuelle Themen wie Andersartigkeit und Fremdheit lassen sich anhand der Motive hervorragend illustrieren“, so Lohmann. „Die Darstellungen bilden Identitäten, Vorurteile und Stereotype beispielsweise der nicht-griechischen Barbaroi, aber auch Geschlechterrollen plakativ ab und verraten Schülerinnen und Schülern so viel über das damalige Weltbild.“ Auch zu religiösen Aspekten wie Glauben und Götterwelt zeigt die Abguss- und Antikensammlung wertvolle Bezugspunkte auf, die Lehrkräfte gewinnbringend zur Wissensvermittlung nutzen können.