Historische Wahrheit?

Neben den Schrecken des Krieges veranschaulicht der Konflikt in der  Ukraine jeden Tag aufs Neue, wie schwer es ist, richtige von falschen  Informationen und Meldungen zu unterscheiden. Dieser Prozess wird umso  schwieriger, je weiter die Ereignisse zurückliegen und je weniger  aussagekräftige Quellen noch erhalten sind. Erschwerend kommt dabei  außerdem noch hinzu, dass deren Interpretation geprägt ist durch die  subjektive Sicht der verschiedenen Historiker:innen. Dennoch erweckt so  manches Schulbuch den Eindruck, dass es die eine, historische Wahrheit tatsächlich gäbe.

Diese Problematik adressiert Prof. Dr. Manfred Seidenfuß in seinem Impulsvortrag anhand eines konkreten Unterrichtsbeispiels: Am Aufstand der Stedinger Bauern gegen die bischöfliche Obrigkeit des Bistums zeigt er die Komplexität historischer Erkenntnisarbeit im Kontext eines mittelalterlichen Ereigniszusammenhangs auf und hinterfragt die entsprechenden Unterrichtsempfehlungen aus fachdidaktischer Perspektive. Der Vortragende stellt die These auf, dass es auch in Zukunft nicht so sehr vom problematischen Wahrheitsgehalt historischer Erzählungen abhängen wird, ob Geschichte für wahr oder mitteilungswürdig gehalten wird. Vielmehr werde es auch im schulischen Kontext vor allem darauf ankommen, dass Lehrpersonen und Jugendliche diejenigen Geschichten glauben, die an sie adressiert sind, und von solchen Geschichten angesprochen werden, die auf ihrem Erwartungshorizont liegen.
Ob und in welchem Maße diese Thesen für den Geschichtsunterricht der Zukunft zutreffen werden, wollen wir bei unserem Terrassengespräch in gewohnt ungezwungener Runde diskutieren.