ISABEL MAND
PROJEKTBESCHREIBUNG
„Literatur ist, wenn das Lesen keinen Spaß macht“ – schreibt Wolfgang Blum schon 1993 in „Die Zeit“. Auch wenn zwischen Blums Artikel, der sich dem Deutschunterricht der gymnasialen Oberstufe widmet, und heute fast 30 Jahre liegen, scheint sich an diesem Sachverhalt nicht viel geändert zu haben, wenn man der fachdidaktischen Literatur Glauben schenkt. Diese beschreibt häufig eine negative Resonanz im Klassenzimmer, wenn eine neue Lektüre im modernen Fremdsprachenunterricht angekündigt wird (vgl. Sobel 2012, S. 15). Doch mittlerweile betrachten nicht mehr nur Schülerinnen und Schüler die Lektüre literarischer Texte mit Skepsis oder gar Abneigung: „Angesichts zunehmender Forderungen nach einer dezidiert kompetenz- und berufsorientierten Ausbildung stellen auch Schulen und Universitäten die Legitimität des Literaturunterrichts immer wieder und zum Teil mit großer Vehemenz in Frage“ (Hertrampf 2016, S. 42).
Im Kontext dieser Legitimitätskrise der Literatur ist es das Ziel des Forschungsprojekts, den Stellenwert des Literaturunterrichts im baden-württembergischen Fremdsprachenunterricht am Gymnasium anhand der Fächer Latein und Französisch zu bestimmen. Hierfür soll in einer ausführlichen Analyse der Bildungspläne 2004-2015 und 2016 nicht nur den etwaigen Unterschieden zwischen antiken und modernen Fremdsprachen, sondern auch der diachronen Entwicklung des Literaturunterrichts Rechnung getragen werden.
Durch Fragebögen für Studierende und Lehrkräfte soll eine Einschätzung der wahrgenommenen Wichtigkeit der Literatur und des Literaturunterrichts unter anderem in Abhängigkeit der unterrichteten Fächer und der Berufserfahrung ermöglicht werden. Zum Abschluss der Fellowship findet eine Tagung statt, die sowohl Studierende und Lehrkräfte als auch Expert:innen der Fachdidaktik und Fachwissenschaften ins Gespräch bringen und als Ideenwerkstatt Handlungsperspektiven entwickeln soll.